Sacred
ein Rollenspiel von Ascaron
Typ: Demoversion
Demnächst soll ein neues Rollenspiel auf den Markt kommen, das wieder einmal, wie
viele Spiele zuvor, an Diablo 2 gemessen werden wird. Das zeigen schon die verschiedenen Vorschauen in diversen Spielemagazinen. Der Nachteil an den Vergleichen mit Diablo: man muss Diablo kennen um zu wissen, was gemeint ist. Andererseits: Diablo ist zwar inzwischen ein alter Hut, aber noch immer so gut, dass sich jedes Spiel des Rollenspielgenres diesem Vergleich wohl oder übel unterziehen muss. Was haben die Spielemacher aus dem Erfolg von Diablo gelernt, was wurde besser, welche neuen Ideen haben sie eingebracht? Also bleibt auch Sacred vor diesem Vergleich mit 'Meister Diablo' nicht verschont.
Rein optisch hat Sacred dabei schon gewonnen. Sacred läuft in einer Auflösung von 1024x768 und in der minimal Konfiguration meist ruckelfrei. Dazu gibt es eine Vielzahl an Details, wie man sie sich bei Neverwinter Nights oder Morrorwind nur wünschen kann. Allein diese Landschaft macht das Spiel von Anfang an sympathisch. Die Häuser sind mit allerlei Gerümpel eingerichtet, das man sich mittels Zoom auch näher ansehen könnte, wenn man wollte. Vom Spiel her gesehen besteht dazu aber keine Notwendigkeit. Die kleinste Zoomstufe vermittelt einen guten Überblick über die nähere Umgebung und angreifbare Gegenstände können mittels Alt-Taste angezeigt werden.
Das Spiel beinhaltet laut Hersteller 30 Hauptquests, die man nacheinander erhält und das Rückgrat der Story bilden. Daneben gibt es noch 200 Nebenquests, die Ruhm, Geld und Ehre bringen und vor allem unterhalten sollen. Ein linearer Ablauf ist nur im Rahmen der Hauptquests gegeben, vor allem dadurch, dass man bestimmte Regionen erst durch Lösung von Hauptquests freischalten muss. Ansonsten kann man sich ziemlich frei bewegen und entscheiden, was man tun will. Ähnlich wie bei Diablo soll es verschiedene Schwierigkeitsstufen geben, bei denen man seinen aufgebauten Caharkter aus den unteren Stufen mitnehmen kann.
Seit kurzem ist eine Demo-Version verfügbar, mit der man mit zwei verschiedenen Charaktertypen dreizehn Quests spielen kann. In der Vollversion wird es 6 Charakterrypen geben, 3 Männer, 3 Frauen. In der Demoversion stehen der Gladiator, ein bulliger Kämpfer ohne jegliche magischen Ambitionen und Fähigkeiten und eine Seraphim, ein Kampfengel, der auch über magischen Fähigkeiten verfügt, zur Verfügung. Die Seraphim ist die hübschere von beiden, was wohl nicht gerade überrrascht. Wer den Gladiator das erste Mal laufen sieht, wird unweigerlich an einen dicken Krabbelkäfer erinnert, der auf dem Rücken liegend hilflos mit seinen Extremitäten zappelt. Seine Beine sind so kurz, dass sie gerade noch bis zum Boden reichen, noch kürzer und er müsste fliegen. Der stärkste Muskel des Gladiators scheint der Biermuskel in der Bauchgegend zu sein. Dass der sich ohne fremde Hilfe die Unterhose anziehen kann, darf bezweifelt werden.
Ganz anders die Figur der Seraphim. Langbeinig und blond wie Barbie, deutlich aber nicht übertrieben geschminkt, dazu noch spärlich bekleidet, ein Traum von einer Frau, wenn sie es nur übers Herz bringen würde ihr Schwert wegzulegen. Naja, es soll wohl nicht sein. Wenn man sich die Seraphim auswählt, kann man anhand ihrer putzigen Trippelschritte noch sehr gut erahnen, wie sie sich einst als Studentin in den Ferien als Model auf dem Laufsteg durchgeschlagen hat. Das normale Laufen haben die Hersteller von Sacred also noch nicht entdeckt.
Im Auswahlfenster kann man übrigens deutlich erkennen, dass sich dieses schön/häßlich Verhältnis auch auf die anderen Figuren im Spiel erstreckt. Einer schlanken, sexy Waldelfin steht ein bleicher, ausgemergelter Dunkelelf gegenüber. Das Gegenstück des Kampfmagiers, der wohl aus gutem Grund sein Gesicht unter einer Kapuze verstecken muss, ist eine langhaarige, mit wohlgeformten Brüsten ausgestattete Vampirin, bei der mam glatt vergessen könnte, dass einer ihrer Lieblingsauftritte der Blutrausch mit abschließender Hinwendung zum andächtigen Blutsaugen ist.
Egal. Ehrlicherweise sollte man erwähnen, dass nicht alle Figuren im Spiel läuferische Probleme haben. Außerdem, wer nicht laufen will, kann sich ein Pferd kaufen. Selbige laufen einwandfrei, kein trippeln, kein humpeln, kein stolpern. Man eilt dann schneller von Ort zu Ort, kann bei Kämpfen dem Gegner besser ausweichen und kommt nicht so leicht außer Atem, was sich nämlich beim Ausführen von Attacken negativ auswirken kann. Allerdings sind einige Angriffe nicht vom Pferd aus ausführbar. Kein allzu schlimmer Nachteil, entweder man wählt andere Angriffe oder man steigt ab.
Ein interessantes Detail zu Spielbeginn: jeder Charakter startet woanders und die ersten Quest sind dementsprechend verschieden. Das hätte man ruhig noch etwas ausbauen können, da es die Unterschiedlichkeit der Charaktere gut hervorhebt.
Der Gladiator kann nur Kampfattacken erlernen, die anderen Klassen können Magie- und Kampfkünste erlernen.
Solche Skills können dann bei sogenannten Combo-Meistern zu einer Serie kombiniert werden. Eine Serie kann aus zwei bis vier Skills bestehen, die, wenn im Kampf ausgelöst, hintereinander als Sequenz ausgeführt wird. Eine gute Neuerung und sehr wirksam, wenn man die richtige Kombination findet. Diese Combos können immer wieder geändert werden, gegen Bezahlung versteht sich.
Wie in dieser Art von Spielen üblich, gibt es eine Fülle von Möglichkeiten zu Geld und Ausrüstung zu kommen. Fässer, Truhen, Vasen gehören geleert. Gegner lassen öfter Gegenständen zurück, wenn sie in die Ewigen Jadggründe übersiedeln. Schließlich gibt es auch noch zahlreiche Händler, die Unbrauchbares kaufen und manchmal Brauchbares zum Verkauf bereithalten. Es gibt relativ viele Händler, aber sie scheinen nicht spezialisiert zu sein, man bekommt bei allen alles, prinzipiell, aber nicht immer. Sie ändern nämlich häufig ihr Angebot. Einmal gibt's Heiltränke, einmal nicht. Im allgemeinen gilt: wer viel Geld hat, tut sich bei ihnen leichter. Überrascht?
Die Gegner sind unterschiedlich gefährlich, vor allem gehen sie unterschiedlich vor. Manchmal warten sie geduldig, bis die zuerst angetretenen Kollegen abgeschlachtet wurden und rücken dann einzeln, maximal zu zweit vor. Andere bevorzugen den rudelförmigen Angriff, sehr unangenehm, vor allem, wenn man den Mittelpunkt des Geschehens bildet. Wieder andere ziehen sich immer wieder zurück, als wollten sie dich in die Nähe ihrer Mitstreiter locken. Insgesamt ein gute Mischung und immer irgendwie gefährlich, denn auch die zögerlichstsen überlegen es sich manchmal und stürzen sich zu zehnt auf dich.
Wenn du stirbst, geht es an der Stelle, wo du deinen letzten Quest erledigt hast, weiter. Du verlierst nichts, keine Ausrüstung, kein Geld, keine Erfahrung. Schön, aber etwas fad, denke ich.
Beim Level-up erhält man Punkte, die man für Attribute (Stärke, Geschicklichkeit usw.) und Fertigkeiten vergeben kann. Von Zeit zu Zeit kann man auch eine ganz neue Fertigkeit aus einer Liste auswählen. Die Punktevergabe will sicher gut überlegt sein, denn irgendwie scheint eine Konzentration auf bestimmte Fertigkeiten oder Eigenschaften sinnvoll zu sein. Ein Allround-Charakter ist überall nur Mittelmaß.
Waffen und Ausrüstung sind vielfältig und die Balance gut gelungen. Bestimmte Gegenstände können einzelnen Charakterklasse vorbehalten sein. Manche Gegenstände haben Sockeln, in die man Runen, Ringe oder Amulette einsetzen kann um sie zu verbessern. Das Veredeln geschieht bei einem Schmied, der auch drei Standard-Verbesserungen bereit hält, für die man dann keine Runen oder Schmuckstücke braucht. Eine Veredelung kann man wieder rückgängig machen, allerdings wird dabei nur ein eingearbeitetes Schmuckstück zur Wiederverwendung gerettet.
Die Pferde sind unterschiedlich gut und teuer. Auf alle Fälle bekommt man bei den Händlern Pferdezubehör, mit dem man die Tiere besser schützen oder stärken kann.
Die Steuerung im Spiel ist einfach zu erlernen. Verschiedene Shortcuts für die verschiedenen Tätigkeiten und Fenster, dazu je fünf Waffen- und Skillslots für die Situationen, wo es brenzlig wird. Die Slots werden zunächst mit der Maus oder mit den Zahlen 1 bis 0 ausgewählt. Die eigentliche Aktion wird dann mit der linken Maustaste (Waffen) oder der rechten Maustatste (Skill) ausgelöst. Insgesamt keine große Schwierigkeit.
Gegenstände kann man im Rucksack verstauen. Er ist ziemlich groß. Wem das nicht reicht, der hat eine Kiste zur Verfügung, die an zentralen Stellen im Spiel steht. Es ist immer die gleiche Kiste, egal, wo man sie benützt. An ihrer blauen Farbe ist sie leicht zu erkennen.
Gibt es denn nichts negatives? Doch, die Wegfindung. Sie funktioniert grottenschlecht. Immer wieder bleibt der Charakter, das Pferd oder ein NPC-Begleiter irgendwo hängen und kann sich nicht befreien. Beim Charakter und dem Pferd muss man dann bei gedrückter Maustaste diese um das Hindernis herum führen, bei den NPCs löst sich die Situation auf, wenn sich der Charakter etwas weiter entfernt, er fliegt dem Charakter irgendwie nach. Hindernis: das kann ein allein stehender Baum sein, den der Charakter zielsicher anvisiert, oder ein Stein oder drei dicht nebeneinander stehende Grashalme. Das ganze ist echt nervig. Wenn du mit einem NPC-Begleiter ein Haus betrittst und der NPC bleibt ihm Türrahmen hängen, kannst du nicht mehr raus. Du musst wie verrückt im Haus herum rennen, damit du den NPC von der Tür weglockst. Oder: schon bei meinen ersten Ausritt über eine Brücke landete mein Pferd zielsicher mit dem Kopf im Wächterhäuschen der Stadtwache. Das drei Mal so breite Stadttor wurde leider verfehlt. Hier gehört echt nachgearbeitet. Auch die Steuerung mit der Maus funktioniert in vielen Fällen sehr schlecht, vor allem an engen Stellen, wenn man ein Haus betreten oder eine Stiege rauf gehen will. Und vielleicht zappelt dann der Gladioatortyp auch noch ohne einen Schritt weiter zu kommen. Sehr unschön dieser Punkt.
Ein weitere Kritikpunkt: Wenn du einen Quest erhältst, bekommst zu zunächst einmal eine Eintrag im Logbuch, wo die Details erfährst, die dir bei der Lösung helfen. Zusätzlich werden mit einem gelben (Hauptquest) und einen blauen Pfeil (Nebenquest) die Richtung angezeigt, wo eine Questlösung zu suchen ist. Geht ja noch. Darüber hinaus gibt es aber eine Minikarte (Tab-Taste), auf der die Orte der Questlösung mit dem Questnamen eingetragen sind. Das verdirbt doch den Spass. Man könnte zwar auf die Minikarte verzichten, aber sie sollte eigentlich dazu dienen einen besseren Überblick über die aktuelle Landschaft zu bekommen, den normalerweise sieht man doch nur einen kleinen Ausschnitt. Um zu einer bestimmten Stadt zu kommen, braucht man sie irgendwie, denn die Landschaften sind doch sehr weitläufig. Die Questlösungen in der Minimap einzutragen ist echter Unsinn.
Die Häuser wurden in Fertigteilbauweise errichtet und das offensichtlich von einer einzigen Firma. Der Wiedererkennungswert beim Betreten eines Hauses ist sehr hoch. Ob man das wirklich kristiseren soll? An der rechten Wand steht meist eine Truhe, in der Ecke links ein Bücherständer. Manchmal umgekehrt. Oder es sind eine Vase und eine Truhe an diesen Stellen, oder nur eine Truhe und keine Vase, dann wieder nur eine Vase. Das soll Vielfalt andeuten. Man muss aber zugute halten, dass die gesamte Inneneinrichtung doch immer wieder variiert, zumindest in der Zusammstellung der immer gleichen Gegenstände. Ich weiss, es ist mühsam tausende von Einrichtungsgegenständen zu zeichnen, die reine Dekoration sind. Ich überlege mir noch, ob es dafür Punkteabzug gibt. Beim Laufen gibt's den auf jeden Fall, das ist klar.
Die Dialoge mit den meisten Leuten sind vollkommen sinnlos. Die, auf die es ankommt, erkennt man an einem Symbol über deren Kopf. Auch Händler, Schmiede und Combo-Meister sind auf diese Art markiert. Eher schade, denn ein bisschen spannender hätte es schon sein dürfen.
Fazit: Obige Beschreibung bezieht sich auf die Demoversion und die
offiziellen Angaben des Herstellers. Ob das Spiel ein Langzeithit wie Diablo wird, wird sich weisen. Die großen Landschaften und die verschiedenen Schwierigkeitsstufen sind zumindest eine gute Voraussetzung. Grafisch ist es auf alle Fälle besser, wenn auch nicht so gut wie Dungeon Siege, um ein anderes Beispiel zu nennen. Landschaftlich und von der Art des nicht-linearen Quest-Ablaufs erinnert das Spiel an Divine Divinity, das nun schon zwei Jahre auf dem Markt ist. Insgesamt ist es eine gute Mischung aus bewährten Rollenspielelementen und einigen, wenn auch nur wenigen Neuerungen. Trotzdem gehören einige Dinge verbessert. Heute, zehn Tage vor dem offiziellen Release-Termin stellen wir also die Frage: wann gibt's den ersten Patch?
Ja, und weil mir die Geschichte mit der Unterhose und dem Gladiator nicht aus dem Kopf gehen will. Der Typ scheint eine Art römische Tunika an zu haben und trägt darunter wahrscheinlich gar keine Unterhose.
16.2.2004
mailto: whatnext@web.de
Links: Hersteller
Ascaron
Demo-Download
bei Gamestar