Sacred

ein Rollenspiel von Ascaron

    Typ: kommerziell

Die Ernüchterung
Da hat es diese schöne Demo-Version gegeben, die einem so richtig Lust auf das Spiel vermittelte und dann das: eine Release-Version, die voll von Fehlern und Unzulänglichkeiten ist. Bezeichnenderweise erschien der erste Patch am gleichen Tag, an dem das Spiel zum ersten Mal verkauft wurde. Auch die in kurzen Abständen folgenden Patches brachten kaum Verbesserung. Das Hauptaugenmerk wurde bei den Patches auf den Multiplayer-Teil gelegt, wer ihm Singleplayer-Modus spielt, hat einfach Pech gehabt. 
Einen Monat nach dem Erscheinen des Spiels muss man eine katastrophale Bilanz ziehen: Die Firma Ascaron hat für viel Geld den Leuten ein völlig unausgegorenes Produkt geliefert. Sie ist außerdem nicht in der Lage die gröbsten Fehler zu beseitigen, erkennbar an den zahlreichen Beta-Patches, die zu Download bereitgestellt wurde. Patch 1.5 brachte es immerhin auf zehn Beta-Versionen. 
Besonders schlimm ist die Tatsache, dass die Fehler in den Quests nicht behoben werden, denn immerhin sind die zahlreichen Quests der Hauptbestandteil der Story und der Werbung für das Spiel.
Da ich keine Lust hatte mich weiter mit diesem unfertigen Spiel abzuquälen, wird es vorläufig keine ausführliche Beschreibung des Spiels geben. Stattdessen eine Warnung an all jene, die überlegen, ob sie sich das Spiel kaufen sollten. Spart euch das Geld und den zu erwartenden Frust und wartet zumindest ein halbes Jahr. Vielleicht hat die Firma Ascaron bis dahin eine halbwegs brauchbare Version des Spiels zusammengebracht. Eine weitere Warnung möchte ich vor diversen Beiträgen in einschlägigen Foren aussprechen. Hier wird anscheinend versucht, eine heile Welt herbei zu reden. Auf konkrete Kritikpunkte wird dabei nicht eingegangen, stattdessen wird mit belanglosen Floskeln wie 'macht süchtig', 'geiles Spiel', 'ein echter Diablo-Killer' usw. gearbeitet. Gerade letzteres ist nicht nur ein haarsträubender Unsinn, da Diablo bestens funktioniert, es weist auch auf den Usprung des Geschreibsels hin. Kein Spieler kann nämlich ein Interesse daran haben, dass Diablo gekillt wird, er hätte ja dann eine Auswahlmöglichkeit weniger. Ein Interesse kann nur eine Firma haben, die einer anderen Kunden abjagen will. Der markige Spruch vom Diablo-Killer stammt wohl aus einer Marketing-Abteilung und die scheinen überall einen Freibrief zum Äußern groben Unfugs zu haben. Leider werden derartige Werbeslogans auch gerne von Journalisten der einschlägigen Medien gedankenlos übernommen. Ist ja auch einfacher: Werbetext abschreiben und volle Länge Gehalt kassieren.
So kommt es, dass die Foren voll von Kritikpunkten und Hilferufen von Spielern sind, das Spiel aber aus unerklärlichen Gründen in den Medien positiv wegkommt. Hier werden eindeutig die Interessen der Leser und Spieler den Interessen der inserierenden Firmen geopfert. 

Die Kritikkpunkte am Spiel im einzelnen (Stand: 2.4.2004)
positiv: 
- viele Nebenquests
- ansprechende Grafik, viele Details, keine faden, leeren Landschaften
- viele Gegenstände zum Sammeln und viel Platz im Inventar
- vielfältige Möglichkeiten Gegenstände durch 'Sockelung' zu verbessern 
- Verbindung mehrerer Skills zu einem einzigen Vorgang (Combo)
- vier Schwierigkeitsgrade
- angenehme und unaufdringliche Hintergrundmusik

negativ:
Bugs und Programmierung:
- viele Quests nicht abschließbar, besonders schlimm bei Hauptquests
- schlechte Wegfindung: Charaktere und Pferde bleiben ständig an Zäunen, Sträuchern und Bäumen hängen
- Schlechte Steuerung: Das Betreten von Häusern wird zum Kunststück, weil sich die Türen durch die Bewegungen 
  der NPCs   ständig  öffnen und schließen, ohne dass man eingreifen kann. Wer auf ein Haus klickt um 
  den Charakter zum Betreten desselben zu bewegen, muss damit rechnen, dass er darum herum läuft
- Wer im Kampf nicht genauestens auf einen Gegner zielt, erlebt, wie sein Charakter vollkommen passiv 
  im Kampfgetümmel herumsteht.
Spielkonzept:
- keine mehrstufigen Quests, nur 'Gegenstand holen' oder 'Person finden' und aus
- zu schnelles Respawning der Gegner; man hat nie das Gefühl ein Gebiet befriedet zu haben
- zu viele wertvolle Items sind bei Händlern erwerbbar; man hat auch sehr schnell viel Geld zu Verfügung. 
  Das Item-Droping der Gegner wird dadurch sehr entwertet
- vollkommen unsinniges Truhen- und Fässer-Öffnen in Häusern. Die Bewohner schauen einfach zu, während du 
  ihre Ersparnisse plünderst. Beim fünfzigsten Haus wird das ganze auch sehr fad
- Wer im Kampf auf einem Pferd sitzt, muss starke Einbußen (ca. 2/3) seiner Kampfkraft hinnehmen. Nur flüchten 
  kann er schneller als zu Fuß, aber Flucht kann wohl nicht der Sinn des ganzen sein
Charakterentwicklung: Ein besonderer Punkt in jedem Rollenspiel ist die Charakterentwicklung. Auch hier schaut es für Sacred nicht gut aus.
- Nach der Auswahl zwischen den Charakterklassen, hat man zu Beginn des Spiels keine weitere Möglichkeit 
  seinem Charakter eine besondere Note zu geben: Aussehen, Eigenschaften und Fertigkeiten sind fest vorgegeben.
- es gibt zu wenig Eigenschaftspunkte, die man bei einem Levelaufstieg selbst vergeben kann. Dadurch bleiben 
  die Charaktere innerhalb einer Klasse sehr ähnlich. 
- der Überfluss an Runen ermöglicht eine fast beliebige Steigerung aller Skills
- fade Dialoge mit NPCs. Schlimmer noch: die Dialoge mit Auftraggebern sind für ein Rollenspiel vollkommen ungeeignet. 
  Man hat nur die Wahl zwischen 'annehmen' oder 'ablehnen' als Antwort.
- es gibt keine Alternativen Lösungswege für ein Problem oder einen Quest
Alle Punkte führen zu einer Verarmung und Entwertung der Charakterentwicklung, was für ein Rollenspiel wohl nur sehr schlecht sein kann.

Fazit: Es gibt einige gute Ansätze, aber erstens wurden einige Spielideen nur halbherzig umgesetzt und zweitens ist das Spiel vollkommen unausgereift. Ausreden wie 'Das gibt es bei Dibalo auch nicht' zählen nicht, denn immerhin wollte man ja besser als Diablo sein und außerdem gibt es Spielideen die, seit dem Erscheinen von Diablo, in anderen Spielen eindeutig besser umgesetzt wurden, als es in Sacred der Fall ist. 'Zu blöd zum Abschreiben' pflegt man in solchen Fällen in der Schule zu sagen.
Wer das Spiel zu erwerben gedenkt, sollte einige Zeit zuwarten, bis die Patches eine stabile, fehlerfreie und vom Spielkonzept her verbesserte Version gebracht haben. Das kann - grob geschätzt - noch viele Monate oder ein Jahr dauern. Im Sinne einer Bereicherung der Spielszene ist zu hoffen, dass es möglichst bald dazu kommt.

20.4.2004

mailto: whatnext@web.de 

Links: Hersteller Ascaron 
          Demo-Download bei Gamestar